Eltern steht bei unterlassenem ärztlichen Hinweis auf mögliche Behinderung des Kindes Schadensersatz zu!
Das OLG Karlsruhe hat kürzlich entschieden, dass Eltern Anspruch auf Schadensersatz zusteht, wenn die behandelnden Ärzte die werdenden Eltern nicht auf das Risiko einer schweren Behinderung des noch ungeborenen Kindes hingewiesen haben und feststeht, dass die Mutter die Schwangerschaft abgebrochen hätte und dies auch aus Ausnahmefall gem. § 218a StGB gerechtfertigt gewesen wäre.
Was war passiert?
In dem konkreten Fall (Az. 7 U 139/16) verlangten die werdenden Eltern von dem Krankenhaus sowie den behandelnden Ärzten Ersatz ihres durch die Betreuung des schwer behindernden Kindes entstehenden Mehraufwandes, weil sie zuvor auf das Risiko einer solch schweren Behinderung nicht hingewiesen worden seien. Die Eltern haben zudem vorgetragen, dass sie sich für einen Schwangerschaftsabbruch entschieden hätten, hätten sie vorher von diesen schwerwiegenden Folgen Kenntnis gehabt.
Die Entscheidung des Gerichts
Das OLG Karlsruhe stellte hierzu fest, dass die Ärzte aus ihrer vertraglichen Verpflichtung aus dem Behandlungsvertrag dazu angehalten waren, die Eltern auf das Risiko einer schweren Behinderung hinzuweisen, da die Eltern sich mit dem erkennbaren Ziel in die Behandlung begeben hatten, möglichst frühzeitig über solche möglichen Schädigungen informiert zu werden. Die Information über das Risiko einer schweren Behinderung durfte den Eltern nach Auffassung des Gerichts nicht vorenthalten werden. Diese wurden jedoch in dem ärztlichen Aufklärungsgespräch lediglich über mögliche Entwicklungsverzögerungen bei Ihrem ungeborenen Kind aufgeklärt, nicht jedoch über das Risiko schwerer Schädigungen.
Zudem war maßgeblich, dass der Schwangerschaftsabbruch im vorliegenden Ausnahmefall aufgrund der zum damaligen Zeitpunkt bereits absehbaren, außergewöhnlich schweren gesundheitlichen Folgen für die Mutter gem. § 218a Abs. 2 StGB gerechtfertigt gewesen wäre.
Im Ergebnis hat das OLG der Mutter im Hinblick auf die bei ihr eingetretenen, schwerwiegenden psychischen Folgen, die ebenfalls durch einen psychiatrischen Sachverständigen festgestellt wurden, ein Schmerzensgeld in Höhe von 20.000 € zugesprochen. Darüber hinaus wurde den Eltern Schadensersatz wegen der gegenüber einem gesunden Kind entstehenden vermehrten Unterhaltsleistungen und des erhöhten Pflegeaufwandes zugesprochen.
Fazit
Dieses Urteil ist wegweisend für die Frage, ob durch eine Behinderung des Kindes ein Schadensersatzanspruch der Eltern entstehen kann. Dennoch ist das Urteil zugleich mit Vorsicht zu genießen, weil es keineswegs dahingehend interpretiert werden kann, dass nunmehr Eltern in jedem Fall ein Schmerzensgeld dieser Größenordnung sowie Schadensersatz zugesprochen wird. Dies hängt von vielen einzelnen Faktoren (Schwere der Behinderung, Umfang der ärztlichen Aufklärung, Straffreiheit einer Abtreibung etc.) zusammen.
Gerne beraten wir Sie hierzu einzelfallbezogen sowohl telefonisch als auch in einem persönlichen Gespräch in unseren Kanzleiräumen.